Alternative Antriebstechnik

Der Schifffahrt steht eine Transformation der Antriebstechnik und der Energiesysteme bevor. Die Emission Control Areas, welche die Emissionsgrenzwerte für Schwefeloxide, Stickstoffoxide und Feinstaubpartikel und den globalen Grenzwert von 0,5 Prozent Schwefel für alle Schiffe über 100 BRT festsetzen, verlangen neue Antriebsysteme. Die Maritime Industrie erwartet innerhalb der nächsten Jahre die Einführung wirkungsvoller Maßnahmen für die Minderung von Treibhausgasemissionen (THG), sowohl von Seiten der IMO als auch von Seiten der EU. Fraunhofer-Waterborne entwickelt Technologien, mit welchen die gesetzten Emissionsgrenzen erreicht werden können.

Katalysatoren oder Scrubber können die Emissionen durch Schwefeloxide, Stickstoffoxide und Feinstaubpartikel mindern. Kraftstoffe wie LNG brauchen komplexe kryogene Systeme und eine neue Bunkerinfrastruktur. Die Minderung von Treibhausgasemissionen benötigt jedoch klimaneutrale Antriebe. Fraunhofer-Waterborne erforscht neue Energieketten, mit welchen erneuerbare Energien produziert und synthetische Kraftstoffe hergestellt werden können. Systeme und Werkstoffe für Wasserstoffanwendungen in Motoren und Brennstoffzellen werden entworfen und Technologien für Sicherheit und Zuverlässigkeit hergestellt. Betrachtet werden auch Windantriebe, welche ein großes Potential für die Minderung von Treibhausgasemissionen haben. Dieser Vorteil kann noch maximiert werden, wenn z.B. der Betrieb von Schiffen neu gedacht wird. Auch die Entwicklung von Software für Weather Routing und Geschwindigkeitsoptimierung steht im Fokus. Des Weiteren werden das Marktpotential und die Transitionspfade für eine nachhaltige Schifffahrt erarbeitet und analysiert.

Segelantriebe

© HSEL/Martin Bönsch
Installation des eco-Flettner auf der Fehn Pollux

Im Fokus steht die wissenschaftliche Erschließung der Segeltechnologie und hybrider Antriebe. Die Gesamtheit der Schiff-Wasserstraßen-Meeresumwelt-Interaktion wird in die Betrachtungen einbezogen. Das Spektrum des wissenschaftlichen Angebots reicht von der Bereitstellung interdisziplinärer Großlaboratorien, dem Bau von Prototypen im Labor- und Realmaßstab bis zu Leistungsprognosen und -validierung sowie einem Test- und Prüfwesen. Methodische Schwerpunkte der gemeinsamen Arbeit sind die maritime Hydro- und Aerodynamik, die Automatisierungs- und Systemtechnik, die Werkstofftechnologie und die hybriden Modellkonzepte aus der Verschneidung leistungsfähiger Modellierung und Simulation mit Messtechnologie. Eine besondere gemeinsame Expertise liegt in der Nutzung sogenannter Crossover- und Upscaling-Effekte zwischen Segeltechnologie und klassischen Windenergiesystemen.

Im Zuge zunehmender Leichtbauanforderungen kann der Einsatz von faserverstärkten Kunststoffen Leichtbaupotentiale erschließen. Werden diese Werkstoffe für sicherheitskritische Bauteile eingesetzt, sind jedoch kürzere Wartungsintervalle vorzusehen, wie sie bspw. bei Bauteilen aus konventionellen Stahlbauweisen üblich sind. Dies führt zu deutlich höheren Kosten und hemmt die Akzeptanz für faserverstärkte Kunststoffe im Schiffbau. Aus diesem Grund arbeitet Fraunhofer an Monitoring Verfahren, die über die aufgetretenen Belastungen und die Zuverlässigkeit dieser Bauteile Aussagen erlauben und somit ermöglichen, dass Wartungsintervalle auf die üblichen Zeiträume verlängert werden können.

Projektbeispiele

AHOY Szenarien für Wind-Antriebe in der Seeschifffahrt (Fraunhofer ISI)

Köhler, J., Ewa Dönitz, Frank Schätter, (2022) Transitions for ship propulsion to 2050: The AHOY combined qualitative and quantitative scenarios, Marine Policy, Volume 140, 2022, 105049, doi.org/10.1016/j.marpol.2022.105049 (Fraunhofer ISI)

Köhler, J., Dönitz E. and Schätter, F. (2021) Transition Wind Technologies in Shipping to 2050: Factors and Challenges for a Sustainability Transition, In: RINA International Conference on Wind Propulsion, pp. 1-6, London, UK. ISBN No: 982-1-911649-19-9 (Fraunhofer ISI)

InnoSegler (IWES) - Entwurf eines CO²-freien Passagier- und Forschungsschiff mit einem leistungsfähigen Segelantrieb

Power-to-Fuel

© DNV -Energy Transition Outlook 2021
Prognostizierter Kraftstoffmix Schifffahrt

Die Reduzierung der Treibhausgase im Schiffsverkehr ist essentiell für den globalen Umweltschutz, da dieser für knapp 3 % der jährlichen CO2-Emissionen verantwortlich ist. Die IMO hat daher festgelegt, dass die CO2-Emissionen bis zum Jahre 2050 um 70 % reduziert werden müssen. Dieses Ziel lässt sich ausschließlich mittels alternativer Kraftstoffe erreichen. Ein zentraler Forschungsstrang ist hier die Gewinnung von synthetischen Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels, aus regenerativem Strom. Diese Kraftstoffe sind emissionsärmer als konventionelle Kraftstoffe und lassen sich leicht speichern. Ein elementarer Bestandteil bei der Herstellung synthetischer Kraftstoffe ist in Elektrolyseuren hergestellter grüner Wasserstoff, welcher den Ausgangspunkt für die Erzeugung von Power-to-Liquid-Kraftstoffen wie Methanol oder Ammoniak darstellt. Mit entsprechender Motorentechnik können diese die fossilen Kraftstoffe langfristig ersetzen. Mittelfristig können sie den konventionellen Kraftstoffen auch beigemischt werden (Blending), um so die Emissionen des Gesamtsystems bereits signifikant zu reduzieren.

Mittel- bis langfristig könnten aber auch neue kohlenstofffreie Kraftstoffe zum Einsatz kommen. So verbrennt elementares Silizium, das zweithäufigste Element der Erdkruste, mit Luft aber auch Wasser unter stärker Wärmefreisetzung zu unschädlichem Siliziumdioxid, dem Grundbestandteil von Gestein. Bei der Verbrennung mit Wasser entstehen zusätzlich große Mengen an Wasserstoff. So erfüllt Silizium wie Wasserstoff und Kohlenstoff die Forderung an Kraftstoffe nicht direkt recycelt werden zu müssen. Silizium weist die doppelte volumetrische Energiedichte von Schweröl auf und bietet sich als Kraftstoff für Hochseeschiffe an. In einer Studie konnte gezeigt werden, dass bei der Verbrennung mit Wasser die erzeugte Wärme für den Schiffsantrieb genutzt werden kann und der gleichzeitig erzeugte Wasserstoff ausreicht, den in Brennstoffzellen erzeugten elektrischen Energiebedarf eines großen Passagierschiffs abzudecken.

Projektbeispiele

Anwendungszentrum Wasserstoff als Teil der Forschungsfabrik Wasserstoff MV (Fraunhofer IGP)

SiShip: Regenerativ erzeugtes Silizium als kohlenstofffreier volumetrischer Energieträger für Überseeschiffe mit hoher Energiedichte (Fraunhofer ICT)

Wasserstoff

© AA+W - stock.adobe.com

Wasserstoff aus erneuerbaren Energien bietet die Möglichkeit, klimaneutrale Schiffsantriebe zu entwickeln und klimaneutrale Kraftstoffe für die Schifffahrt zu erzeugen. Unsere Expertise liegt im Bereich der Erzeugung, der Logistik, der Antriebe sowie Sicherheit und der Zuverlässigkeit und Lebensdauer. Technologien für Off-Shore Wasserstoffelektrolyse, Brennstoffzellen als Konverter, Wasserstoffspeicherung und -verteilung werden berechnet und entwickelt. Des Weiteren sind wir im Bereich der Optimierung fertigungstechnischer Wasserstoffanlagen und deren Komponenten zur Kostensenkung und Effizienzsteigerung tätig. Ein weiteres Feld ist die Entwicklung von Prüfverfahren, in Form von Methoden und Messgeräten, für die Betriebsfestigkeit sowie die Sicherheit von Anlagen und Prozessen. Ebenso werden in Zusammenarbeit mit Stakeholdern Marktszenarien entwickelt, um die Nutzung von Wasserstoff in der Schifffahrt und der Binnenschifffahrt zu identifizieren und Transitionspfade für eine nachhaltige Schifffahrt zu simulieren.



Projektbeispiele

AQUANAVIS (Fraunhofer IFAM)

Köhler J. (2020) Zero carbon propulsion in shipping - scenarios for the development of hydrogen and wind technologies with the MATISSE-SHIP model, International Shipbuilding Progress, vol. 67, no. 1, pp. 79-95, 2020 doi: 10.3233/ISP-190269 (Fraunhofer ISI)

Gas, Low Flashpoint Liquid (LfL) fuels

© vladsv - stock.adobe.com

Die Emission Control Areas und Anlage VI des MARPOL-Übereinkommens, welches die globalen Grenzwerte von einem maximalen Schwefelgehalt von 0,5 Prozent des Treibstoffs für alle Seeschiffe über 100 BRT festlegt, hat einen Anreiz geschaffen, bestehende LNG und Dual-Fuel Motoren für Gas Carriers sowie für weitere Schiffstypen zu verwenden.

Fraunhofer-Waterborne hat Marktanalysen für die Entwicklung der LNG Motoren durchgeführt. Hierzu gehörte die Entwicklung einer globalen Bunkerinfrastruktur, von der Lieferung mit LKW LNG-Tankern sowie ‚Truck-to-Tank’-Verfahren hin zu LNG-Bunkerschiffen und Bunkerkähnen. Die Anwendung von LNG Technologien als ECA-zulässige und Übergangstechnologie hin zu Power-to-Fuel bietet einen wichtigen potentiellen Transitionspfad. Des Weiteren werden Marktdiffusionen simuliert und Maßnahmen, welche die Diffusion von LNG fördern, konzipiert.

 



Projektbeispiele

Wissenschaftliche Beratung des BMVI zur Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie: Teilstudie „Studie über die Marktreife von Erdgasmotoren in der Binnen- und Seeschifffahrt“ (Fraunhofer ISI)